Unsere Straßenbäume in Stadt und Land

 

 

           

 

Es gibt ihn noch! – Diesen Zauber von dichtem Grün als schützendes hohes Laubdach auf dickem Stamm, längs des Straßenrandes, wie an einer Perlenschnur aufgereiht.

 

Allerdings eher ein wenig weiter östlich. In der ostholsteinischen Schweiz oder weiter nach Mecklenburg-Vorpommern hinein. Sie sind märchenhaft schön anzusehen, wenn im Frühling die Kastanien ihre volle Blüte zwischen ihren Fingerblättern entfalten, später die Linden in gering bewegter Luft ihren honigsüßen Duft verbreiten oder im Herbst mächtige Eichenriesen ihre Früchte auf den Boden -  oder das Autodach - prasseln lassen.

 

 

Viel zu vielen Straßenbäumen geht es immer noch an den Kragen.  Manchmal scheint ein toter alter Ast auszureichen, um einen ganzen Baum todkrank zu schreiben.  Er wird ausgemustert, er muss entsorgt werden, da er eine riesige Gefahr für die Sicherheit der  Passanten darstellt  -  oder für jenen Autofahrer, der Verkehrsregeln übertretend  sein Fahrzeug lebensgefährlich um einen Stamm wickelt. – Gründe für das Sägen und Fällen gibt es genug. Und wie die Brust erbebend dröhnt, wenn wieder einmal ein Riese zu Boden gestreckt wird! Man kann sich so schön als Sieger fühlen. Kettensägen machen es rasch möglich! – Doch der ökologische Verlust ist groß!

 

 

Die wohl übertriebenen Sicherheitsvorschriften haben einen sehr hohen Stellenwert, gefährden letztlich  damit ab einem gewissen Alter alle Bäume!

 

Nur sehr wenige recht alte sind von historischer Bedeutung; sie werden möglichst erhalten. Ihnen wird ein  sicheres Stützkorsett aus Stahlstangen mit Spezialbeton angezogen. Alle toten Äste werden entfernt, so dass meistens ein  Trauerspiel von Baum stehen bleiben darf. Ein scheinbar sehr guter Erfolg, letztlich eine Ruine; denn in ihm ist vielseitiges Leben vermörtelt, letztlich fast erloschen.

 

 

Alle unsere Bäume filtern die Schmutzpartikeln aus der Luft, sie spenden Schatten, produzieren Sauerstoff, binden CO2 und beruhigen mit ihrem satten Grün:

 

Es verliert sich der Stress des Menschen, erquickt seine Seele!

 

 

Probleme bilden die versiegelten Straßen, sie erhalten zu wenig Wasser, im kälteren Winter entzieht das Streusalz in höherer gelöster Konzentration  dem Baum sein Leben spendendes Wasser: Er vertrocknet oder wird vergiftet wegen der zu hohen Chlorid-Belastung. Deswegen werden bei Neuanpflanzungen an verkehrsreichen Straßen schon seit längerer Zeit salzresistente Bäume wie Schwedische Vogelbeere u.a. verwendet. Heimische Arten sollten es sein, eigentlich nicht andere!  Doch die wärmer ausgefallenen letzten Jahrzehnte lassen die Menschen zu forsch umdenken. Was gestern verteufelt wurde, rückt in den Fokus. Platanen, Robinien, Rosskastanien und  aus trockneren, wärmeren Ländern so manche hochfrisierten blattarmen Zierbüsche, die nicht so viel Herbstlaub abwerfen. – Schließlich lärmten sonst die Laubsauger bzw. Falllaubpüster noch viel mehr.

 

 

Dabei ist Falllaub von besonderer ökologischer Bedeutung für ein enorm vielseitiges  Leben im Erdboden. Davon profitieren gerade unsere großen Sangeskünstler in der Vogelwelt! Sie ernähren sich von einer Vielzahl Kleinlebewesen. Dieser Zusammenhang ist bis heute  nicht so recht erkannt oder wird geflissentlich übersehen!

 

Der alte Baum muss weichen, zu umfangreich die Krone, die zu arg gestutzt, an Aussehen extrem leidet, also lieber weg damit!

 

 

Nur bitte nichts überstürzen mit der Einführung weiterer Neophyten!

 

Arten des trockenheißen Balkans wie Traubeneiche, Weißbuche, Weißdorn und Vogelbeere sind in Norddeutschland beheimatet. Warum nicht vorläufig sie mit ihrem besonderen Potenzial erst einmal für Neuanpflanzungen favorisieren?

 

 

Mehrjährige junge Bäume als Ballenware wachsen anfangs gut heran. Für die Umwelt wird optisch einiges getan! – Denn ein junger Baum kann an ökologischer Leistungskraft einem alten erst nach mindestens 100 Jahren das Wasser reichen, viel zu dürftig ist seine Statur! Immerhin wachsen sie erst einmal gut an, wenn sie mit Arbeitsplatzbeschaffung regelmäßig gewässert werden. Sie kommen gut aus mit dem (künstlichen) Wasserangebot im  Pflanzlochbereich. Wurzeln sie mit zunehmendem Alter weiter unter den Steinplatten der Straße entlang, so wird die Versorgung immer schwieriger, zu trocken wird der dortige Lebensraum.

 

 

Häufig verbleiben die Wurzeln konzentriert im ehemaligen, nassen Einlassbereich. Hier konzentrieren sie ihr Wurzelwerk, bis sie nach etwa einem Jahrzehnt kopflastig werden.

 

Irgendwann kann eine meist sommerliche  Gewitterböen-Walze den noch viel zu jungen Stamm umlegen.

 

 

Grün hebt die Stimmung! Pflanzt Bäume und tanzt im Sommer unter ihren Schatten!          Die wachsenden Betonwüsten versiegeln nicht nur eine scheinbar aufblühende Ortschaft, der Kunststein ist ein hervorragender Wärmespeicher der auftreffenden Sonnenstrahlen. Dadurch verstärkt sich die Thermik über Städten gerade bei schwachwindigem Wetter wesentlich. Sie fördert die Entstehung lokaler schwerer Gewitter, immer mehr mit hohem Unwetterpotenzial.

 

 

Zwar hat sich in letzter Zeit unsere Biosphäre um mehr als ein Grad erwärmt, die zusätzliche großräumige Gefahr von Unwettern aber ist entscheidend hausgemacht!

 

 

 

Näheres finden Sie unter www.nabu-pinneberg.de.

 

 

 

Pinneberg, 11.02. 2020

 

Uwe Langrock