Das Usutu-Virus im Großraum Pinneberg
Der sehr warme Hochsommer 2018 hinterlässt mit dem Auftreten dieses afrikanischen Erregers in Mitteleuropa deutliche Spuren.
Erstmals ist das Usutu-Virus weiträumig um Pinneberg gleich epidemisch aufgetreten. Der NABU Pinneberg konnte 37 Meldungen mit insgesamt 80 Totfunden registrieren; es sind fast alles Amseln, nur sie werden in der Regel befallen.
Zwei zusammen gefundene Blaumeisen könnten einer anderen Ursache erlegen sein. Daher bestand gerade hier der Wunsch nach einer sofortigen Überprüfung durch das Tropeninstitut.
Die Registration der Totfunde erstreckte sich von Anfang August bis zum Herbstanfang, sie erreichte ihren Höhepunkt in den letzten Augusttagen mit bis zu vier Meldungen an einem Tag.
Das Usutu-Virus gehört zu den Flavi-Viren, benannt nach dem Gelbfieber. Die Übertragung erfolgt durch die Hausstechmücke (Culex pipiens). Infizierte Amseln vergreisen, indem an ihrem Kopf graue Federborsten sichtbar werden. Sie sind alle rettungslos verloren.
Bestandsverluste in der Natur sind deutlich erkennbar. Mit Entsetzen registrierten viele Menschen das völlige Fehlen der Amseln ab der 2. Augustdekade! Zu bedenken aber ist ihr ausnahmsweise stilles, eher verborgenes Verhalten in dieser schwierigen Zeit. Außerdem hört ihr Gesang um die Augustmitte sowieso meistens auf. In diesem Jahr war es etwas früher, wahrscheinlich zusätzlich stressbedingt wegen Hitze und Trockenheit. Verbreitet geben viele verdorrte Pflanzen auf hart getrockneten Böden schlechte Voraussetzungen für ein weiteres Brutgeschäft.
Zu beobachten waren gegen Hochsommerende kleine heimliche Trupps, die eher scheu und auffallend still umherstreiften. Mit ihrem Spätherbstverhalten werden sie zwischen grünem Laub leicht übersehen.
Größere lokale Bestandsdezimierungen dürften sich im Winterhalbjahr u.a. mit Zuwanderung abschwächen. Am Futterhaus finden sich viele Gäste aus Wald und Feld sowie aus kälteren Gebieten ein, um im geschützteren Wohnbereich besser Nahrung zu finden. So mancher Gast wird bei uns sesshaft, füllt den leeren Platz wieder auf!
Untersuchungen eines Jahrzehnts belegen im südlichen Pinneberg im Bereich der Wittekstraße bis hinüber zum Rehmenfeld, dass dort regelmäßig 41 bis 45 Amselpaare brüten. Nicht mitgezählt sind Einzelgänger, so dass sich auf Quadratkilometer großer Fläche eine mittlere Bestandsdichte von knapp 200 Amseln hochrechnen lässt.
Sollte nur die Hälfte der Seuche zum Opfer gefallen sein, so dürfte bereits im Frühsommer nach dem ersten Brutgeschäft -4 Eier je Nest- der ursprüngliche Bestand wieder existieren. Zudem brüten Amseln bis zu sechs Male, ein seltener Rekord in den wärmeren Großstädten. Die Sorge vieler, dass wir den weit verbreiteten Amselgesang nun kaum oder nie wieder zu hören bekommen, ist daher völlig unbegründet.
Amseln sind im Hinblick auf ihr Nahrungsspektrum sehr gut angepasste Kulturfolger. Ihre günstigen Überlebenschancen stehen daher in keinem Verhältnis zu ihren arg gebeutelten gefiederten Verwandten in der stark belasteten offenen Feldlandschaft.
Freuen wir uns daher auf den nächsten Frühling im Garten!
Pinneberg, den 27.09.18
Uwe Langrock