Mein Freund, der Baum!

 

Der Orkan war gestern, legte vieles flach,

sogar manch` Eichbaum und

seine Schwestern,

gaben ihm rasch nach!

Die dem Sturm trotzende,

standhafte deutsche Eiche wankt niemals!

 

Dieses hohe Lied vom trutzenden Baum können die mehr als 500 Jahre alten Tausenjährigen Ivenacker Eichen in Mecklenburg singen! Nur wer darf heute noch so alt werden?

Rasch groß werden und sich schlachtreif präsentieren, ist die Devise.  Und die Baumschulen helfen hervorragend mit!

 

Sehr viele Jahre des Wartens werden eingespart, wenn sich ein vorgeschulter kräftiger Baum gleich an Ort und Stelle voll entfalten kann. Doch alles hat so seinen Preis! Baumsamen ausbringen, keimen lassen und mehrmals verschulen. Jedes Mal wird die erstarkende Pflanze umgesetzt, unsere heimische Stieleiche hat bei dieser Prozedur längst die ihr eigentümliche Pfahlwurzel verloren, dafür aber einen schönen dichten Wurzelballen angelegt.

 

 In diesem engen Bereich ist alles Begehrenswerte im Überfluss vorhanden. Sie kann wachsen und gedeihen, aber eben nur mit ihrem Oberkörper! Im Bodenbereich sieht es anders aus. Wozu sich unnütz anstrengen, wenn im relativ kleinen Wurzelballen alles im Überfluss zur Verfügung steht?

 

Und schließlich kommt der große Tag für den endgültigen Standort, beispielsweise der Straßenrand! Die größere Pflanzkuhle erhält nährstoffreiches Substrat. Der schon bald kopflastige Setzling wird nach dem Einsetzen wegen seiner klapprigen Füße an kräftige Pfähle gebunden und dann:  viel Glück auf den relativ kurzen Lebensweg nach oben! Ist es zu lange trocken, lindert der Wasserwagen gewissen Stress. Wozu also – im Boden - in die Ferne wachsen, wenn das Gute liegt so nah? Die vorgefertigte Humusbeigabe ist erst nach etlichen Jahren verbraucht, die Baumkrone hat um viele Meter zugelegt. Gleichgroß sollte jetzt eigentlich auch der Wurzelteller im Boden sein. Er aber hat sich vornehmlich mit dem ehemaligen Pflanzkuhlen-Bereich begnügt, daher nicht für standfeste Krisenzeiten vorgesorgt.

 

Alle ein bis zwei Jahrzehnte walzt ein Super-Orkan übers Land, so manche beschnittene Eiche, das Unsterblichkeitssymbol früherer Zeit, kippt einfach um, symbolisiert somit auch heute noch vielen Sensiblen den nahenden Tod.

 

In der Forstwirtschaft finden wir auch entsprechend vorgeschulte Bäume, sie wachsen schnell, mit einem eindrucksvollen Zeitvorsprung, um nach spätestens 150 Jahren der Kettensäge zum Opfer zu fallen. Viel älter werden sie dann sowieso nicht mehr. Dabei sind die ehemals an Ort und Stelle aus Samen gekeimten gerade erwachsen, könnten ihr kraftvolles Erscheinungsbild tief beeindruckend für lange Zeit präsentieren. So aber sieht nun einmal im ökologisch sinnvoll aufgeforsteten Mischwald die heutige naturnahe Holzwirtschaft aus.

 

Pflanze einen Baum und kannst du auch nicht ahnen, wer einst in seinem Schatten tanzt, so denk, oh Mensch, es haben deine Ahnen, ehe sie dich gekannt, auch einen Baum gepflanzt. - So oder ähnlich beschriebene Tafeln findet man immer wieder in Baumparks. Säe einen Baum, müsste es korrekt heißen, auf dass nach mühseligem, langwierigen Keimprozess die Pfahlwurzel Fuß fasse und ein potenziell wesentlich längeres Leben von hunderten Jahren garantiere! Nur dieses Großwerden dauert, und das Warten auf einen schönen Blickfang im Wohngebiet oder den Ertrag im Wald wäre so unvorstellbar lang! Man kann die Zeit eines ganzen Jahrzehnts verlieren! – Und Zeit ist Geld!